Tag 1 | Oswieçim

Oswieçim | Ortskern
Oswieçim | Ortskern
Oswieçim | Ortskern
Oswieçim | Ortskern

Nach einer sturmbedingten, dreistündigen Verspätung sind wir mit den Nachwehen des Orkans gut in Kattowitz gelandet. Von dort ging es mit dem Bus ins Hotel nahe dem ehemaligen Stammlager Auschwitz. Unser vorabendliches Programm führte uns ins jüdische Museum im Ortskern, sowie in die dort noch erhaltene Synagoge. Durch unsere Verspätung hatten wir nur begrenzt Zeit, uns nach der fachkundigen Führung durch das Museum und die Innenstadt von Oswieçim noch der ausgestellten jüdischen Geschichte zu widmen. Alles in allem ein - im wahrsten Sinne des Wortes - turbulenter Tag mit großem Interesse unserer Gruppe und in gespannter, wenn auch schon ein wenig nachdenklicher Erwartung der nächsten Tage.

In der letzten noch erhaltenen Synagoge in Oswieçim
In der letzten noch erhaltenen Synagoge in Oswieçim

Tagebuch | Tag 1

 

Gestern nach längerer Verspätung am Flughafen und einer Busfahrt, die über eine Stunde dauerte (gefühlt länger), sind wir am Hotel angekommen. Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich hier im Vergleich zu Buchenwald gar nicht das Gefühl hatte, dass ich mich in dieser Woche mit einem ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslager auseinandersetzen werde. Wenn ich mich an letztes Jahr zurück erinnere, weiß ich noch genau, wie wir mit dem Bus auf das Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald gefahren sind - und die Gedanken und Gefühle, die dabei in mir angesichts des Ortes aufkamen. Hier war es ganz anders. Wir sind dieses Mal nicht direkt auf dem Gelände, sondern in einem Hotel lediglich zwei Minuten vom Stammlager entfernt und trotzdem fühlt es sich viel weiter weg an. Am Abend haben wir eine ehemalige rekonstruierte Synagoge in Oświecim besucht. Es war sehr interessant, die Geschehnisse von früher aus der Sicht eines Jugendlichen zu hören, genauer gesagt von Moritz, der sein freiwilliges Jahr dort leistet, wo ursprünglich mehr als die Hälfte der Bevölkerung ein jüdisches Alltagsleben führte. Dabei haben wir auch erfahren, dass heutzutage kein einziger Jude mehr in Oswiecim lebt. Persönlich finde ich das sehr erschreckend, wenn man sich überlegt, dass damals vor Kriegsbeginn 60% der Bevölkerung Juden waren.

 

Marla, 16 Jahre | 10.6

Tag 2 | Auschwitz I Stammlager

Unser zweiter Tag. Besuch des Auschwitz-Museums, ehemaliges Stammlager, besser bekannt unter Auschwitz I. Unser Guide Sylwia Stańska führte uns 3 1/2 Stunden über das große Gelände, auf dem die Gebäude zum Großteil noch im Originalzustand erhalten sind. Innerhalb der ehemaligen Blocks sind Ausstellungen - teils zum allgemeinen Lagerleben, teils mit länderbezogenem Fokus. Die ausführlichen Informationen, die wir durch unseren versierten Guide vermittelt bekamen, sprengen die Grenzen des Fassbaren, des Nachvollziehbaren, des Begreifbaren. Bis dato sah man das Stammlager stets schwarzweiß, mit genügend Abstand, in oft unzureichender Bildqualität und nur ausschnittsweise. Nun stehen wir mit unserer gut vorbereiteten Studiengruppe an dem Ort, der als Synonym für den Holocaust gilt - und können das Greifbare in Farbe selbst nicht mit dem Wissen übereinbringen.

 

Wir sehen Tausende von Schuhen, Brillen, Bürsten, Töpfen, die nur einen Bruchteil von den irrealen Massen darstellen, welche den Menschen abgenommen wurden. Die Koffer mit den vollständigen Namen und Adressen machen es nicht einfacher. Wir betrachten die unzähligen Fotos, die vom SS-Erkennungsdienst von den Häftlingen bei ihrer Ankunft im Lager gemacht wurden. Wir sehen in Gesichter und können die extrem niedrige Überlebenszeit im Lager, die zwischen bestenfalls wenigen Jahren und wenigen Tagen liegen, nicht begreifen. Wir betrachten Kinderzeichnungen aus dem Lager, die Tötungsmethoden zeigen und das Lagerleben in kindlichem Verständnis wiederzugeben versuchen. Wir sehen die restaurierte Tür zur Gaskammer des Krematoriums im Stammlager. Wir sehen die Schriftdokumente, die Häftlinge des Sonderkommandos während ihrer Lagerzeit versteckt hatten und die erst Jahrzehnte später wieder auftauchten - unter den Trümmern in Auschwitz Birkenau. Wir sehen Filme vom jüdischen Leben vor dem Holocaust. Wir sehen Filme von wehenden Hakenkreuzfahnen und einem Volk, dass dem einen Führer volksfestgleich zujubelt.

 

Wir besuchen den Block 11, den Arrestbunker mit seinen foltergleichen Zellen, Dunkelzellen, Zyklon-B-Testzellen, mit der schwarzen Exekutionswand. Wir sehen, wir können es greifen, es ist alles real und in Farbe - doch begreifbar erscheint es uns an wenigen Stellen, und eher begreifen wir uns in einer fast irrealen Situation.


Arbeit macht frei, das falsch gezeichnete und ohnehin absurd proportionierte B am Schriftzug des Lagertors. Die Galgen vor der Kantine, Elie Wiesels Bericht von Erhängungen während der Appelle. Die Villa des Kommandanten Rudolf Höß in Sichtweite des Krematoriums.


Wir sind hier. Und doch sind wir nicht wirklich hier. Der Versuch schmerzt. 
 

Tagebuch | Tag 2

 

Unsere Anreise startete schon sehr chaotisch, trotzdem haben wir uns bei Laune gehalten. 

Als wir das Hotel erreicht haben (endlich), waren wir alle positiv gestimmt, unsere Zimmer waren schön und wir konnten einen kleinen Teil unseres eigentlich geplanten Tagesablauf dann doch durchführen. 

 

Der Dienstag fing für uns um 6:45 Uhr an.

Wir haben gefrühstückt und sind dann um 7:40 Uhr zum Eingang des ehemaligen Stammlagers gelaufen. Dort haben wir dann von einer sehr netten Dame eine Führung bekommen, die ca. 3 1/2 Stunden dauerte. Wir haben viele Informationen erhalten, die durch Bilder oder gar Fundstücke noch einmal viel besser vorstellbar waren. Nach einer kurzen Stärkung sind wir wieder zum ehemaligen Stammlager gelaufen und durften dort auf eigene Faust Ausstellungen und das ehemalige Lager angucken. Uns hat das sehr gut gefallen, da wir sehr viel Zeit hatten, um uns interessante Ausstellungen anzugucken. Auch konnten wir uns mit den anderen Schülern austauschen. 

Unser Tag wurde durch ein Tagesrückblick abgerundet, dort konnten wir all unsere Gedanken und Fragen stellen und uns nochmals  austauschen.

 

Gisi, 16 Jahre | EF

Tagebuch | Tag 2

 

Also vorab möchte ich sagen, es ist atemberaubend. Ich glaube, ich war noch nie so verblüfft, wie viel Böses in der Menschheit steckt und ich habe schon viel gesehen, obwohl ich noch relativ jung bin. Erst mit sehr großer  Verzögerung sind wir in Katowice angekommen und mit dem Bus nach Oswiecim gefahren. Wir konnten leider nicht so viel am ersten Tag unternehmen außer einer kleinen Führung durch das jüdische Museum, die sehr interessant war, aber die meisten waren zu erschöpft um zuzuhören.
Nach einem kurzen, aber erfrischenden Spaziergang waren wir eigentlich alle wieder hellwach. Wir fuhren ins Hotel, aßen etwas und sind schlafen gegangen. Der nächste Tag begann relativ entspannt. Wir haben erstmal gefrühstückt und sind dann zu Fuß zum Eingang des ehemaligen Stammlagers gelaufen, was schnell ging durch die gute Lage des Hotels. Wir wurden vor dem Betreten des ehemaligen Stammlagers gründlich kontrolliert und haben dann einen Guide zugeteilt bekommen, Sylwia, die sehr nett und höflich war.
Jetzt  komme ich zum Wesentlichen - der erste Eindruck vom ehemaligen Konzentrationslager: Um ehrlich zu sein, sahen die vielen Gebäude zunächst ganz normal aus wie eine normale Wohngegend. Aber nach den vielen detaillierten  Informationen, die wir nach und nach erhalten haben, wurde man sehr schnell sprachlos und verblüfft, was alles an diesem grausamen Ort geschehen ist.
Nach einer guten und langen Führung durch das Stammlager konnten wir eigenständig durch das Lager laufen und uns interessante Ausstellungen ansehen. Mit Worten kann man all dies nicht beschreiben.

Am zweiten Tag waren wir in im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau und es war einfach atemberaubend und wirkte so irreal, dass Millionen Menschen auf so einem großen und eigentlich schönen Ort gequält, gedemütigt und umgebracht wurden.
Ich kann es immer noch nicht fassen und muss all die vielen neuen Eindrücke noch halbwegs verarbeiten.
Also - bis jetzt gefällt es mir hier sehr und ich hoffe, dass in Zukunft noch viele Schülerinnen und Schüler unserer Schule diese intensiven und lehrreichen Erfahrungen während einer Studienfahrt nach Polen machen dürfen.

 

Eron, 16 Jahre | EF

Tagebuch | Tag 2
 

Am Dienstag sind wir um kurz vor acht Uhr zum ehemaligen Stammlager Auschwitz gelaufen. Nachdem wir durch die Sicherheitskontrolle das Gelände betreten haben, war ich erstmal überrascht, ich hatte mir das Gelände irgendwie immer ganz anders vorgestellt. Jetzt im Nachhinein kann ich meine damalige Vorstellung noch nicht mal mehr erläutern, aber in dem Moment war es wie ein kleiner Schock. Alles sah so harmlos aus.
Wir haben dann zuerst eine dreistündige Führung durch das ehemalige Stammlager erhalten, die Führung war sehr informativ, aber ich persönlich habe die Führung einfach nur wie in einer Art Luftblase wahrgenommen.
Ein besonderer Moment, den ich wohl nie wieder vergessen werde, war, als wir in das Krematorium I gegangen sind, denn dieses diente ursprünglich nicht nur zum Verbrennen der Leichen, sondern in diesem Krematorium war auch für „Nazi-Zeiten“ eine „relativ“ kleine Gaskammer. Beim Betreten des Gebäudes dachte ich an die Häftlinge und überlegte mir, was vielleicht ihre Gedanken waren, wer von ihnen wusste, was mit ihnen passiert und wer dachte, dass er nur eine lang ersehnte Dusche bekommt. Als wir dann wieder das Gebäude verließen, musste ich an die SS-Männer denken, denn sie waren die einzigen, die dort wieder lebend rauskamen. Nach dem Moment befand ich mich nicht mehr in meiner Parallelwelt, sondern in der Realität. Ich fing an, die Sachen besser zu begreifen und konnte mich auch besser in die schreckliche Geschichte dieses Ortes eindenken. Ich war zwar zu dem Zeitpunkt schon länger auf dem Gelände, aber bis zu dem Moment war mir unterbewusst nicht wirklich klar, wo wir uns befanden. 

Da wir bis zu diesem Zeitpunkt sehr viele verstörende und größtenteils abartige Informationen über das Leben im Stammlager erhalten haben, fand ich es sehr hilfreich und auch wirklich wichtig für mich selbst, dass wir uns am Nachmittag nochmal selbst durch das ehemalige Stammlager bewegen durften. Dabei haben wir uns in den verschiedenen Blöcken die Länderausstellungen angeguckt.
Einen bestimmten Raum innerhalb der Ausstellung Frankreichs werde ich auch nie mehr vergessen. Dort waren von der Decke bis zum Boden beleuchtete Leinwände, die mich ein bisschen an Grabsteine erinnerten, wenn man sich einäschern lässt, hier jedoch nur in riesigen Ausmaßen. Auf den Leinwänden stand ein Detail, dass ich so unglaublich ekelhaft und entwürdigend fand, dass mir schlecht wurde. Dort stand geschrieben: „gazés à l‘arrivée“. Auf deutsch: „Vergast bei der Ankunft“.
Die riesigen Zahlen der Opfer an sich schockten mich gar nicht mehr so sehr, aber was mich wirklich erschreckte war, dass ab einer gewissen Todeszahl dort nur noch ein einfaches „Minimum“ stand. Wenn ich mir überlege, wie ein SS-Mann das Morden der Häftlinge dokumentierte und sich dabei dachte, „ach, das waren dann so minimum 950 Menschen, die genaue Anzahl ist ja jetzt nicht so wichtig“, bin ich zutiefst erschrocken.

Marla, 16 Jahre | EF 

Tagebuch | Tag 2

 

Ich fand die ersten beiden Tage als Einstieg in die Studienfahrt nach Polen gut geplant.

Der erste Tag ist vielleicht nicht genau nach Plan verlaufen durch die Verspätungen des Flugzeugs, aber wir haben das Programm (Besuch der Synagoge) trotzdem geschafft. Allerdings mussten wir diesen Besuch ein wenig beschleunigen durch den enormen Zeitdruck, wobei wir wenig Zeit bei dieser Führung hatten uns umzuschauen.

Sicher war der Tag anstrengend, aber wir haben uns alle gegenseitig bei Laune gehalten und haben nicht zu viel Information auf einmal aufnehmen müssen (langsamer Einstieg).

Am Dienstag mussten wir früh aufstehen, frühstücken um 6:45 Uhr und dann ging es zum ehemaligen Stammlager.

Wir folgten einer dreistündigen Führung, die mit Kopfhörern verlief. Meiner Meinung nach eine gute Idee und mal etwas anderes. Da wir manchmal mit mehreren Gruppen aus verschiedenen Ländern im selben Raum waren, konnte man trotzdem unserer Leiterin noch folgen.

Das Essen im nahegelegenen Hotel war lecker und wir durften uns nun auf dem Hotelgelände frei bewegen. Das gab uns die Gelegenheit, die erhaltenen Informationen zu vertiefen und in Kleingruppen zu besprechen. Vor allem haben wir uns über unsere Gedanken, Empfindungen und Gefühle, die wir während der morgendlichen Führung über das Gelände des ehemaligen Stammlagers hatten, ausgetauscht.

Diese grausamen Taten, die die Nazis an den Häftlingen durchgeführt haben, sind für mich einfach nicht nachvollziehbar.

Heute habe ich gemerkt, dass ich innerlich in Oswiecim angekommen bin und versuchen werde, all diese interessanten Informationen zu speichern und die Zeit hier wertzuschätzen.

Jacqueline, 16 Jahre | EF

 

Im Stammlager Auschwitz I
Im Stammlager Auschwitz I

Fotogalerie | Auschwitz I Stammlager | Lagergelände

Tagebuch | Tag 2

 

Nach den ersten Eindrücken des gestrigen Tages sind nun alle sowohl gespannt als auch angespannt, das ehemalige Stammlager Auschwitz I zu besichtigen. Die Wetterbedingungen sind zwar nicht optimal, jedoch passend, um den eigenen Geist besser in die Lage eines Häftlings zu versetzen. Die Führung sollte sowohl informativ als auch erschreckend werden. 

Die Realisierung des Geschehenen ist für den moralisch ethisch normal geprägten Menschen nicht einfach, ich glaube gar unmöglich. Die Gewaltigkeit und Gewalttätigkeit des Passierten wird nun aber fassbarer, und man kann sich die Zahlen vergegenwärtigen und annähernd die Massen der Ermordeten. 

Die Frage, wie so etwas passieren konnte, ist nun für alle allgegenwärtig. Der eigene Geist wird bei Besichtigung und Verständnisversuchen unterdrückt und wird nur durch soziale Interaktion weder befreit, weshalb alle eine Auszeit brauchen werden, um die Gedanken und Eindrücke zu verarbeiten.

Die Kunst und die Darstellungen in den verschiedenen Länderausstellungen helfen, die Informationen visualisiert zu verarbeiten. Oft werden hier Bilder verwendet, um die Opfer zu „entanonymisieren“ und die Individualität hinter den Massen der Toten zu zeigen. Nun hilft dies auch, die Blöcke nicht mit Zechensiedlungen zu assoziieren, sondern sich zu vergegenwärtigen, dass hier Täter und Opfer standen und lebten.

Am Ende muss man aber mit Blick auf die Zukunft aus der Vergangenheit lernen und sich für die ohnehin sehr gute Erinnerungskultur einsetzen. Gerade in Bezug auf den Rechtsruck der Regierung und den Aufstieg der AfD, welche Faschisten in den Bundestag und die Landesregierungen schicken. 

Mit eigentlich gefährlich schlauen Menschen wie Bernd Höcke, der bereits Hitler-Zitate als seine eigenen Sprache nutzt, droht sich die Geschichte zu wiederholen. Dies aufzuhalten ist die Aufgabe der vierten Nachkriegsgeneration und den couragierten Bürgern dieses Landes. 

Deshalb ist das Gedenken an die NS-Verbrechen wichtig, um Wiederholungen in der Zukunft zu verhindern und die liberale und soziale Gesellschaft zu stärken. Die Einblicke, die wir hier in Auschwitz haben, fördern das Verständnis der geschichtlichen Zusammenhänge und die Erkenntnis: „Solch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darf sich nie wiederholen!“

 

Philippe, 18 Jahre,  Selma, 19 Jahre, Julina, 18 Jahre | Q2

Tagebuch | Tag 1 & 2

 

Montag:

Den ersten Tag kann ich in drei Wörtern zusammenfassen: Sabine, Warten, Müde

 

Dienstag:

Nachdem der erste Tag nicht ganz nach Plan verlief, sollte der zweite Tag viel besser werden. Um 6:30 Uhr klingelte der Wecker, da wir um acht Uhr schon am Eingang des ehemaligen Stammlagers sein sollten.

Nach dem Frühstück machten wir uns also auf den Weg Richtung ehemaliges Stammlager; der Eingang lag gerade mal fünf Minuten von unserem Hotel weg. Am Lager angekommen mussten wir erst zunächst - wie am Flughafen - eine Kontrolle durchlaufen.

Danach bekamen wir eine Führung durch das ganze Lager. In Baracken von Häftlingen besuchten wir einige Ausstellungen, die sehr gut gezeigt haben, wie viele Menschen wirklich im ehemaligen Lagerkomplex Auschwitz I gestorben sind. Vorher konnte ich mir diese Zahlen nämlich gar nicht vorstellen. Später sind wir nochmal auf dem Gelände des ehemaligen Lagers Auschwitz I herumgelaufen und haben uns weitere Ausstellungen verschiedener Länder angeguckt.

Insgesamt war es ein sehr eindrucksvoller Tag.

 

Lennert, 16 Jahre | EF

Tagebuch | Tag 3

 

Heute haben wir eine Führung über das Gelände des ehemaligen Stammlagers gemacht. Besonders beeindruckend fand ich neben den Geschichten und Erzählungen die Vorstellung, dass dort, wo wir herum gelaufen sind, früher so viele Häftlinge waren, denen es so schlecht ging und die so viel schlimmes Leid ertragen mussten, dass sie teilweise den eigenen Tod als bessere Lösung im Gegensatz zum Leben als Häftling gesehen haben.
Nachdem die Führung beendet war, hatten wir die Möglichkeit, uns selbst umzusehen und uns eigene Eindrücke zu verschaffen. Insgesamt hab ich an diesem Tag sehr viele neue Eindrücke gewonnen und ich konnte mir zumindest ein bisschen besser vorstellen, wie sich die Häftlinge gefühlt haben müssen.

 

Celina, 15 Jahre | 10.6

Bildergalerie | Auschwitz I Stammlager | Lagergelände, Blöcke, Ausstellungen

Tagebuch | Tag 2

 

Ich kann es nicht glauben. Ich stehe wirklich im Stammlager Auschwitz I.

Es ist anders als ich dachte, ich habe gedacht, dass der Besuch in Auschwitz der Abschluss wäre, um die grausame Geschichte des Zweiten Weltkriegs und die Massenmorde der Nazis verstehen zu können. Doch nein, so ist es nicht. Ich denke, dass man es nie ganz begreifen und verstehen wird.
Man hat diese gewaltigen und unfassbaren Informationen bekommen, aber man kann sie alle nicht wirklich zusammensetzen, damit man sich das ungeheure Leid vorstellen kann. Denn diese Informationen sind weit, weit entfernt von jeder menschlichen Vorstellungskraft.
Wichtig ist meiner Meinung nach, Jugendlichen zu zeigen, wie grausam Menschen sein können, wie bedeutend und interessant unsere Geschichte ist, aber am wichtigsten ist, dass man die Menschen, die dort qualvoll gestorben sind, ehrt und nicht vergisst, dass sie nicht umsonst gestorben sind. Sie sind ein wichtiger „Faktor“ für unsere Zukunft.
Wie ich mir selbst (und Marian Kołodziej) bei der Zeichnungsausstellung am Ende versprochen habe: „Nie wieder Auschwitz“.

 

Julia, 16 Jahre | 10.6

Tagebuch | Tag 2

 

Nach einer langen und verspätet gestarteten Fahrt sind wir am Montag um 16 Uhr im Hotel in Oswiecim angekommen. Der Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz I am folgenden Tag war sehr faszinierend und unser Guide hat uns sehr viele Informationen sehr gut rübergebracht.
Das für mich Unerträgliche für mich im ehemaligen Lager waren die wirklich geschehenen Geschichten, die uns erzählt wurden und die Bilder, die wir sahen. Ich fand es sehr schwer, es mir klar zu machen, dass es sowas Grausames auf der Welt wirklich gab und ich frage mich immer noch, wie ein Mensch in der Lage ist, solch grausame Taten an unschuldigen Menschen anzustellen.

Der erste Tag war eher anstrengender für mich, aber ich habe versucht, mich trotzdem zusammenzureißen. Der Aufenthalt in der Synagoge von Oswiecim war interessant - zu wissen, wie die Geschichte der Juden in Polen begann. Ich bin gespannt auf den Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.
 

Georg, 16 Jahre | Klasse 10.6

Tagebuch | Tag 2

 

Heute haben wir zum ersten Mal das Museum im ehemaligen Stammlager des Konzentrationslagers Auschwitz besucht. Aufgrund des Windes und des Regens gepaart mit dem Ort und der Geschichte dahinter, welche uns der Guide während des Besichtigens genauestens geschildert hat, wurden die Grausamkeit und Abartigkeit, die dort an diesem Ort geschahen, auf eine merkwürdige und beunruhigende Art ein wenig greifbarer.

 

Natürlich ist man als normaler Mensch, der nicht in dieser Zeit gelebt hat, nicht in der Lage zu verstehen, wie Menschen anderen Menschen so etwas Abscheuliches antun können. Zudem hat man die ganze Zeit im Hinterkopf, dass genau da, wo man gerade z.B. entlangläuft, auch die Häftlinge des ehemaligen Konzentrationslagers die schlimmsten Qualen erleiden mussten.

 

Dadurch, dass wir später nochmal alleine mit unseren Freunden das Museum besichtigen durften, konnte man sich mit den Themen beschäftigen, die man im vorherigen Durchgang am interessantesten fand. Außerdem war es sehr hilfreich, diese neuen Informationen durch die zwei Stunden Pause danach zu verarbeiten.

 

Chiara, 16 Jahre | EF

Tag 3 | Auschwitz II Birkenau

Auschwitz II Birkenau | Lagertor
Auschwitz II Birkenau | Lagertor
Auschwitz II Birkenau | Rampe
Auschwitz II Birkenau | Rampe

Tagebuch | Tag 3

 

An unserem dritten Tag haben wir uns gemeinsam Auschwitz-Birkenau, auch Auschwitz II genannt, angeschaut. Unsere Vorstellungen über ein großes Lager wurden übertroffen, denn als wir vom Wachturm hinunterschauten, erblickten wir die unvorstellbare Größe eines Ortes, an dem so viele Menschen ihr Leben lassen mussten.

Unser Guide führte uns durch die drei unterschiedlichen Abschnitte des Vernichtungslagers, die quasi drei Lager in einem riesigen Lagerkomplex waren: Das Frauenlager, das Männerlager und das Zigeunerlager.

Zu Beginn betraten wir eine der Männerbaracken, welche sich im ersten der drei Bereiche befand. Die Baracke an sich befand sich noch im Originalzustand, nur die Betten, das einzige Inventar, wurden authentisch nachgebaut. Es war ein bedrückendes Gefühl zu erfahren, dass in einer Baracke bis zu 1000 Personen gelebt haben, 6 bis 8 Personen in einer der drei Etagen des Bettes geschlafen haben und bei jedem Witterungsverhältnis auch durch den kontinuierlichen Durchfall der anderen Insassen nass wurden. Dies förderte verschiedene Epidemien wie Typhus, Fleckfieber und Flöhe, welche den Häftlingen die letzte Kraft raubten. Jedoch die Ausmaße der Massenvernichtung wurde uns bei dem Anblick der endlosen Schornsteine der ehemaligen Baracken und des nie endenden Stacheldrahtes bewusst. Ein Gleis führte durch das Haupttor und durch das gesamte Lager direkt zu den Gaskammern, welche eine direkte Anbindung an die Krematorien hatten. Der einzige Ausweg führte laut den Häftlingen durch die Schornsteine, aus denen zeitweise bis zu 15 Meter hohe Feuersäulen emporstiegen. Um die Beweise zu zerstören, sprengten die Wachmänner (SS) die Krematorien, bis die Rote Armee das Lager am 27.Januar 1945 befreit hat. Viele Dokumente wurden von der SS jedoch vorher bereits verbrannt, jedoch waren genug Beweise vorhanden, um die NS-Kriegsverbrecher zu überführen. Das Überleben in den Lagern galt hier als absolute Ausnahme und war unglaublich unwahrscheinlich.

 

Diese Eindrücke waren zutiefst erschütternd und nicht mit moralischem oder ethischem Denken zu erklären oder zu verstehen.

 

Philippe, 18 Jahre | Q2

Tagebuch | Tag 2 & 3

 

Mein erster Eindruck des Stammlagers war sehr erdrückend und surreal, da ich an dem Ort war, wo viele Menschen ihr Leben verloren haben. Das Tor mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“, durch das wir und auch die Häftlinge gegangen waren, verpasste mir eine Gänsehaut, welche durch pure Benommenheit und Ekel entstanden ist. Über den Tag in Auschwitz hat sich bei mir immer mehr Fremdscham durch das Verhalten der Täter, die für das Sterben von vielen Menschen verantwortlich waren, aufgebaut.

 

Bei der Ankunft in Birkenau war es für mich fast sogar noch unfassbarer als im Stammlager. Auf diesen Wegen, die ich in Ruhe ohne jegliche Angst gehen konnte, waren die Menschen früher in Angst um ihr Leben gelaufen und haben jeden Tag auf ihr Überleben gehofft. Die Baracken zu sehen, in denen sie mit bis zu 500 Menschen leben mussten, hat mir einen Schauer über den Rücken gejagt und eine Gänsehaut verpasst, die bis zum Verlassen von Birkenau angehalten hat. Die Ruinen der Krematorien haben mich entsetzt, da es für mich ein schauriger Moment war, diesen Ort nun in Wirklichkeit vor Augen zu bekommen.

Alles in allem waren vor allem diese beiden Tage sehr prägende Tage für mich, welche ich niemals vergessen werde. Auschwitz zu besuchen hat mir noch einmal mehr gezeigt, dass dies nicht nochmal passieren darf und unsere Generation alles Erdenkliche tun sollte, um diesem gegenzusteuern.

 

Die Kunstausstellung hat das Leben eines Zeitzeugen aus Auschwitz nicht nur durch Erzählungen, sondern durch tiefgründige Zeichnungen wahrnehmen lassen. Zudem wurde einem durch die Zeichnungen von Marian Kolodziej noch näher gebracht, wie schlimm der Zustand der Häftlinge wirklich war, weil er mit der verwendeten Symbolik die Brutalität im Lager deutlich hervorgehoben hat.

 

Emelie, 16 Jahre | EF

Fotogalerie | Auschwitz II Birkenau | Rampe, Baracken, Krematorien

Tagebuch | Tag 3

 

Seit dem Tag, an dem ich aus Buchenwald wieder kam, war eins für mich klar: Ich möchte unbedingt nach Auschwitz mitfliegen. Ich möchte also etwas, was ich eigentlich nicht will und kann: Ich will mich diesem Ort stellen.

Die Fahrt nach Buchenwald war alleine schon so informativ, lehrreich und vor allem war es ein unbeschreibliches Gefühl, an diesem unbeschreiblichen Ort diesen unbeschreiblichen Abschnitt der Deutschen Geschichte zu erarbeiten, die Geschichte des Landes, in dem ich wohne. Vor allem hinsichtlich dieser Zeitspanne ist es sehr wichtig, dass sie nicht in Vergessenheit gerät.

 

An der Vergangenheit können wir nichts ändern.

Die Zukunft müssen wir ändern.

 

Die aktuelle politische Lage weist Parallelen zu der damaligen auf, es ist wichtig, da wir genau jetzt damit anfangen, die Situation ernst zu nehmen und sie nicht unterschätzen. Bevor es zu spät ist!

Ohne ein genaues Verständnis dessen, was passiert ist, kann man nicht verstehen. Jedes Verstehen braucht Informationen. Dank dieser Studienfahrten kommt es zum Verstehen und zum Verständnis. An diesem Ort, in dem ich mich gerade befinde, in dem Ort, an dem die Hauptstelle dieser Vernichtung war, wollte ich für mich ein noch intensiveres Feingefühl für diese komplexe Thematik entwickeln.

Damit lag ich auch nicht falsch. Mit dem ersten Schritt auf das Gelände, in unserem Fall war es Auschwitz I, spulte ich das Wissen aus unseren Vorbereitungen in meinem Kopf ab.

 

Zu wissen, was in den einzelnen Baracken genau passiert ist, erleichtert es, um in der Totalität des Schreckens das einzelne Schicksal in den Blick zu nehmen, um den vielen Opfern ein konkretes Gesicht und eine Biographie zu bieten.

Dadurch, dass wir alle so gut vorbereitet waren, war es für die Leiterin unserer dreistündigen Führung einfach oder etwas einfacher tiefer in die Materie zu gehen, auch noch einmal persönliche Geschichten vorzulesen, damit auch das nicht in Vergessenheit gerät.

 

 

Samira, 15 Jahre | EF

Tagebuch | Tag 1 + 2

 

 

Der erste Tag war für mich sehr besonders, denn es war mein erster Flug. Dieses Erlebnis wurde leider von der Tatsache überschattet, das die Maschine ca. 4 Stunden später flog als geplant. Nachdem wir doch dann fliegen konnten war mein erster Eindruck von Polen der, wie ich es mir vorgestellt habe: Viele alte und leere Häuser. Die Städte waren sehr klein und leer und als wir dann unser Hotel bezogen hatten, bemerkten Philipp und ich, dass unsere Kleidung nass war. Schon ging es los mit dem Programm. Wir haben uns die letzte Synagoge im Ort angeschaut und den Marktplatz, dabei wurden wir von Moritz, einem jungen Berliner Abiturienten, geführt. Er erzählte uns viel über die jüdischen Familien und die Geschichte der Entwicklung der Stadt, die durch 60% jüdischer Einwohner auch zu ihrem Wohlstand fand. Als Fazit vom ersten Tag muss ich auch sagen, dass ich ihm noch kaum folgen konnte, weil wir alle sehr erledigt waren. Tag zwei war da schon informativer, da wir uns auch mit Begleitung das Stammlager von Ausschwitz angesehen haben. Auf mich wirkte diese erste Begegnung alles andere als real, da das Lager wie ein Zechenviertel im Ruhrgebiet aussieht: Alles schön nebeneinander mit roten Ziegelsteinen gebaute Häuser, wenn man sich doch dann die Zäune, Mauern, Wachtürme und Warnschilder ansah, wusste man doch, wo man war. Leider endete aus gesundheitlichen Gründen für mich die Führung und ich konnte erst gegen 17 Uhr wieder mit zur Shopping-Mall. Auch wenn ich nicht allzu viel mitbekam, war es eindrucksvoll. Das schlechte Wetter, die Eindrücke und die Geschichte. Alles miteinander lässt mich hoffen, dass ich und auch die anderen viel lernen und mitnehmen. Das ist wohl der schlimmste Ort auf Erden.

[ ] Tag 3 begann relativ sonnig und trotzdem kalt. Wir waren heute in dem zweiten Lager, Auschwitz-Birkenau. Der erste Eindruck atemberaubend negativ. Denn dieses Lager symbolisiert einen Massenmord an verschiedensten Menschen, die es jeder für sich nicht verschuldet haben, dass sie als Jude, als Europäer, als Mann, als Frau, als Kind, als Sinti, als Roma, als Christ, als Homosexueller und als behinderter Mensch geboren wurden. Desweiteren hat mich die Größe des Lagers beeindruckt, denn wir befanden uns auf einem Gelände von den Maßen 1 km X 2 km. Als wir uns dann der Verladerampe genähert haben, wusste ich nicht, wie ich reagieren soll, denn ich wusste, dass an dieser Rampe entschieden wurde: Tod oder noch ein kurzes ausgebeutetes Leben. Vom zentralen großen Turm aus konnten wir das ganze Gelände überblicken. Wir sahen den  perfiden Plan der Nazis. Jede Baracke war für sich abgegrenzt und darum befanden sich Gräben. Die Gefangenen lagen auf überschwemmten Erdreich, voll von Kot, Unrat, bevölkert von Ratten und Läusen. Am Ende des Rundganges waren wir im hinteren Teil des Lagers. Dort befangen sich damals die Krematorien und die Gaskammern, diese wurden kurz vor der Befreiung durch die russische Armee von der SS gesprengt, damit Beweise zertrümmert werden. Natürlich gab es Augenzeugenberichte, doch viele Beweise wurden vernichtet, bevor die Rote Armee eintraf. Die Ruinen der Krematorien stehen heutzutage immer noch. Sie waren eigentlich für längere Zeit bestimmt, denn sie waren wie Bunker aufgebaut. Die Begegnung mit den Gaskammern waren fast unerträglich. Wenn man sich überlegt , dass hier tausende Menschen "vernichtet" wurden, ganze Familien, ganze Gesellschaftsschichten, ganze Kulturen, dann ist das fast unmöglich und sprengt menschliche Vorstellungskraft.

Ich weiß, dass der alte Nachbar meines Opa damals vor über 75 Jahren selbst dort war - annähernd konnte ich realisieren, was geschichtliche Realität war.  Ich konnte ihn leider selbst nicht genau fragen, was er erlebt hat, denn ich war leider noch zu jung, um zu wissen und zu verstehen, dass er ein Insasse von Birkenau war.

Später im Nachmittagsbereich haben habe ich mir die Konservierung von einzelnen Fundstücken aus dem Stammlager angesehen. Wir wurden durch eine Konservatorin geführt, die uns gezeigt hat, wie man dort versucht, die Erinnerung zu bewahren und all die persönlichen Gegenstände vor dem Zerfall zu bewahren.  Als wir zurückkamen, realisierte ich die Lage des Hotels mit voller Wucht. Wir kamen da luxuriös unter, wo genau dieses Verbrechen statt fand - nicht weit weg: Auf der gegenüberliegenden Straßenseite den grausamsten Teil der Weltgeschichte.

 

 

Leon, 18 Jahre | EF

Tag 3 | Ausstellung „The Labyrinth“ von Marian Kolodziej

Marian Koodziej war ehemaliger Häftling des KZ Auschwitz. Er kam mit dem ersten Häftlingstransport im Jahr 1940 - mit 18 Jahren - und überlebte Auschwitz bis ins Jahr 1944. Über die KZ Groß-Rosen und Buchenwald wurde er schließlich nach Mauthausen verlegt, wo er im Jahr 1945 von der US-Armee befreit wurde.

50 Jahre lang schwieg er über seine Erlebnisse in Auschwitz, bis er nach einem Schlaganfall im Jahr 1992 begann, seine Traumata in künstlerischer Form zu verarbeiten.

Seine Bilder, vornehmlich mit Bleistift, Tusche und Kugelschreiber, oft in großen Formaten, spiegeln die Hölle des KZ Auschwitz in visuell apokalyptischer, schockierender und immens eindrucksvoller Weise wider.

Die Bilder - 260 an der Zahl - sind in einer festen Ausstellung im Kellergewölbe der Kirche der Unbefleckten Mutter Gottes in Harmeze bei Oswieçim zu sehen, wo uns Pater Thomasz kompetent und eindringlich durch die Ausstellung führte.

Wenngleich wir Auschwitz I und II schon in den vergangenen Tagen besuchen durften, so sind diese Bilder das, was uns visuell und emotional schockierend das Wesen von Auschwitz vor Augen geführt hat:

 

Das Bild der Hölle. Das Bild vom Tod. Nirgendwo war es so intensiv offensichtlich und treffend.

Bildergalerie | Marian Kolodziej

Künstlerische Auseinandersetzung

                            Marie, 16 Jahre, EF  | Stammlager Auschwitz I / Eingansbereich
Marie, 16 Jahre, EF | Stammlager Auschwitz I / Eingansbereich
Laura, 16 Jahre, EF | Koffer der Deportierten
Laura, 16 Jahre, EF | Koffer der Deportierten

Tag 4 | Krakau | Stadtführung, Museumsgang, Zeitzeugengespräch

Tagebuch | Tag 3&4

 

Am dritten Tag waren wir in im ehemaligen Konzentrationslager Birkenau. Wir sind am Anfang auf den Aussichtsturm des Kommandanten am Tor gegangen, was für mich das Beeindruckenste der ganzen Reise war. An diesem Ort zu stehen und das ganze Lager zu überblicken, aus derselben Sicht wie die der Wachen und der SS, war ein heftiges Gefühl. Danach sind wir vom Turm herabgestiegen, um die riesigen Ausmaße des Lagers und die Baracken zu erlaufen. Im allgemeinen war Birkenau "beängstigender" als das Stammlager wegen der Ausmaße des Lagers.

 

Wir waren in der Stadt Krakau. Wir hatten ein Gespräch mit einer Zeitzeugin, die das Lager als Kind überlebt hat. Ihre  Geschichte zu hören, von jemanden zu hören, der diese Grausamkeiten aus den Augen eines Kindes gesehen hat, war sehr bewegend. Danach sind wir durch das Judenviertel von Krakau gelaufen und haben uns eine Synagoge angeguckt, was für mich ein bisschen Abstand zu Auschwitz bot. Dadurch konnte ich die Eindrücke der letzten Tage besser verarbeiten.

 

Daniele, 16 Jahre | EF

Nach einer etwas längeren Aufenthaltszeit am Dortmunder Flughafen kamen wir schließlich doch noch in Kattowitz an. Dort angekommen stiegen wir direkt in den Bus und fuhren in die polnische Kleinstadt Oswiecim. Der Weg und die Region war von verlassenen Landschaften und kahlen Bäumen gezeichnet, was auf mich persönlich nicht so einen einladenden Eindruck machte - aber wie soll eine Studienfahrt in ein ehemaliges Vernichtungslager auch einladend sein? Das Hotel allerdings überraschte mich - es wirkt schon gar wie ein Luxushotel in einer Millionenmetropole und nicht in einem kleinem "Dorf". Am Abend besichtigten wir die Synagoge im Stadtzentrum unter der Führung eines sehr guten Guide, welcher nicht so viel älter war als wir. Das war dann auch im Großen und Ganzen unser erster Tag - wie gesagt, etwas verändert durch den verspäteten Flug.

Am Dienstag betraten wir dann das ehemalige KL Auschwitz I zum ersten Mal. Es war einfach unbeschreiblich. Man kann die ganzen Gedanken, die einem in diesem Moment durch den Kopf gehen, nicht beschreiben; zudem kam  wetterbedingt durch zum Beispiel den starken Wind und den starken Schneeregen eine sehr trostlose Stimmung auf. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass man sich in die Lage eines Häftlings versetzten konnte. Sich aber vorzustellen, bei einer solchen Wetterlage, leicht bekleidet, teilweise sogar nackt, stundenlang auf dem Appellplatz zu stehen, gibt einem ein schauriges Gefühl. Man läuft über das riesige Gelände und denkt sich nach jedem Schritt, den man geht, genau hier könnte bzw. ist ein Mensch eines grausamen Todes gestorben. Die Geschichten, die man liest und hört, sind in meinen Augen einfach krank und ekelhaft. Man kann es sich gar nicht vorstellen – nur ein grobes Bild, aber sich die Grausamkeiten wirklich vorzustellen, ist meiner Meinung nach unmöglich. Wenn man sich vor Augen führt, dass Menschen wie du und ich Spaß und Erregung daran finden, dieselbe Spezies zu entmenschlichen und sich dann noch keiner Schuld bewusst sind, ist es einfach krank.

Mittwoch stand dann der Besuch in Auschwitz II Birkenau an. Hier wurde ein ganz neues Level von Ekel und Unvorstellbarkeit erreicht. Die Baracken  - und vor allem die Schlaf- und WC-Baracken  - erreichten diesen Ekel, der sogar eine gewisse Übelkeit auslöste. Es ist wirklich kaum vorstellbar, wie dort Menschen unter solchen menschenunwürdigen Bedingungen gelebt haben. Es ist wirklich eine riesig große Belastung für mich und wahrscheinlich auch für die anderen Schüler, sich so etwas Surreales vorzustellen. Der Umgang war ja fast so wie mit Vieh. Es ist einfach krank. Hinterher besuchten wir in zwei Gruppen entweder die Restaurationswerkstätten im Stammlager Auschwitz I oder die Dauerausstellung von Marian Kolodzjiey, einem ehemaligen Häftling, der sich spät dazu entschied, seine Erlebnisse in künstlerischer Form auf Papier festzuhalten. Die Ausstellung war, um es mal wirklich zu sagen, schon verstörend; der Zeichenstil war einfach einzigartig und schon einem Horrorfilm ähnlich.

Heute fuhren wir in die wunderschöne Stadt Krakau, eine wirklich alte, gut erhaltene Stadt, in der es so viel zu sehen gibt, dass man gar nicht hinterher kommt. Zuerst besuchten wir das jüdische Museum, wo wir die Zeitzeugin Maximovic treffen durften - eine unglaublich liebe Dame, die ihre ganz persönliche Geschichte als Kind in Auschwitz erzählt, wovor man unglaublichen Respekt haben muss. In einer solchen Lage wüsste ich persönlich nicht, ob ich das erzählen könnte. Ihre Geschichte berührt einen einfach so sehr, dass teilweise Tränen flossen. Es tut einem leid und weh, von so einem schrecklichen Schicksal zu hören. Es ist auch eine unglaubliche Ehre, da wir wahrscheinlich zu den letzten einer Generationen sind, die noch Zeitzeugen treffen dürfen. Danach wurden wir durch das jüdische Viertel von Krakau geführt; es war wiedermal sehr eindrucksvoll und interessant zu sehen, wie das das Stadtviertel heute aussieht. Dabei besuchten wir auch eine Synagoge, die wirklich wunderschön gestaltet ist; man hat insgesamt einen tieferen und näheren Eindruck über die jüdische Kultur bekommen, was durch das jüdische Essen am Abend auch nochmal intensiviert  wurde. Neben dem Essen im jüdischen Restaurant spielte ein Trio auch noch jüdische Musik, welche meiner Meinung nach außergewöhnlich und unverwechselbar ist.

Alles in allem eine eindrucksvolle und horizonterweiternde Fahrt!

 

Eric, 16 Jahre | EF

Zeitzeugengespräch in Krakau

Unsere Gruppe mit der Zeitzeugin Lidia Maksymowicz (80)
Unsere Gruppe mit der Zeitzeugin Lidia Maksymowicz (80)

Die Zeitzeugin Lidia Maksymowicz | ARD / RBB Beitrag

Tagebuch

Es war eine unbeschreiblich lehrende und ereignisreiche Reise und ich bin sehr froh, dass ich daran teilnehmen durfte, denn die Dinge, die ich in den letzten Tagen gesehen habe, werde ich nie vergessen. Auch dieses Gefühl, als Deutsche in einem Land zu sein, wo Menschen viele negative Erfahrungen mit Deutschen während des 2. Weltkrieg gemacht haben, war sehr interessant zu erfahren. Ich sehe es nun als meine Pflicht, mein Wissen mit meinen Mitmenschen zu teilen und sie zu informieren, um so etwas Schreckliches nie wieder geschehen zu lassen.

Anna, 16 Jahre | EF

Tagebuch | Tag 4

 

Zeitzeugengespräch und Stadtführung durch das Jüdische Viertel Krakaus

 

An unserem vierten Tag trafen wir vormittags in der heimlichen Hauptstadt Polens ein - Krakau. Schon beim Durchfahren der Stadt fielen uns die schönen Altbauten und viele authentische Beweise der bewegten Geschichte der Stadt auf, die trotz des 2. Weltkrieges  erhalten blieben.
Der erste Tagespunkt war ein Zeitzeugengespräch mit einer Auschwitzüberlebenden. Lidia Maksymowicz erzählte uns ihre bewegende Geschichte wie sie als dreijähriges Kind das Vernichtungslager überleben konnte. Sie war eines der wenigen Kinder, das Auschwitz überleben konnte und dies nur mit der lebensrettenden Hilfe ihrer Mutter. Durch dieses Gespräch bekamen wir einen neuen Blickwinkel über das tägliche Leben im Lager. Besonders berührt hat uns der Moment, als sie uns ihre Häftlingsnummer auf ihrem linken Unterarm gezeigt hat. Zu diesem Zeitpunkt realisierten wir noch einmal wie den Menschen ihre Identität geraubt wurde und sie zu Nummern wurden. Wir sind dankbar noch zu der Generation zu gehören, die solche Zeitzeugengespräche miterleben dürfen und aus ihnen lernen können.

Die Dolmetscherin Magdalena Jackowska-Göbel führte uns danach durch das jüdische Viertel Krakaus und im Anschluss durch die Krakauer Altstadt. Das ehemalige jüdische Viertel, damals ein Sammelpunkt für die Osteuropäischen Juden, blühte durch viel Gastronomie und durch die zahlreichen Besucher. Besonders ist der jüdische Friedhof, welcher Grabsteine aus dem frühen 15. Jahrhundert besitzt. Dieser konnte nur überdauern, da er im Zweiten Weltkrieg mit Massen von Müll überdeckt war. Ironisch ist hierbei, dass gerade Müll diese Grabsteine vor der Zerstörung durch die Nazis rettete.

Der anschließende Besuch in der Krakauer Altstadt zeigte wie gut alte Bauwerke, wie z.B. die Burg Wawel die Wirren des Krieges überdauern konnten, auch die gut erhaltene päpstliche Universität aus dem Jahre 1400 bezeugt den historischen Wert der Stadt. In der darauffolgenden Freizeit war Platz für eigenständige Erkundungen von Läden und Cafés. Krakau, welche auch als schönste Stadt in ganz Polen gilt, wurde ihrem Ruf absolut gerecht.

Zum krönenden Abschluss dieses aufregenden Tages hatten wir die Gelegenheit, Speisen nach jüdischen Rezepten, inklusive Livemusik, zu uns zu nehmen.

 

Insgesamt konnten uns das Leben im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz als auch die jüdische Kultur näher gebracht werden. Für diese Gelegenheit sind wir außerordentlich dankbar und schätzen die Möglichkeit dieser Studienfahrt sehr. 

 

Selma, 19 Jahre | Q2 & Philippe, 18 Jahre | Q2

Tag 5 | Gedenken der Opfer an der Rampe im Stammlager Auschwitz I

Tagebuch | Tage 1-5

Mein Rückblick auf fünf eindrucksvolle Tage in Polen: Nach einem verspäteten Flug von Dortmund nach Katowice kamen wir in Oświęcim an. Im Gegensatz zu Buchenwald hatte ich ein ganz anderes Gefühl. Wir waren diesmal nicht direkt auf dem Gelände eines  ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers, sondern in einem wirklich schönen Hotel ca. zwei Minuten vom Stammlager entfernt. Ich finde das wir auch durch diese Nähe die Möglichkeiten hatten, auch abends besser abschalten zu können, also auch zu etwas Abstand zu finden - es bot sich uns die Möglichkeit, den Tag noch einmal ganz anders auf uns wirken zu lassen. Wir haben uns die Stadt Oświęcim angeguckt und das Museum mit angrenzender Synagoge. Die Chevra Lomdei Mishayot Synagoge hat als einzige Synagoge in Oświęcim den zweiten Weltkrieg überstanden. Es war sehr interessant, Informationen über das ehemals zu einer Mehrheit jüdisch bewohnten Oświęcim kennen zu lernen. Ich finde, dass dies ein treffender Anfang für den Start der Woche gewesen ist. Am darauf folgenden Tag haben wir das Stammlager im Museum Auschwitz besucht. Im Stammlager (Auschwitz I) haben wir durch Sylwia (unser Guide) eine professionelle Begleitung erfahren und unternahmen einen informativen und sehr eindrucksvollen Rundgang, der uns die unvorstellbaren Geschichten des Holocaust ein Stück weit näher gebracht hat. Die Ausstellungen sind vielfältig, alle sind sehr informativ. Ich finde, dass wir uns trotz der Information im Vorfeld zur Fahrt nicht im Ansatz vorstellen kopnnten und  können, was die Menschen in der Zeit durchmachen mussten. Auschwitz bedeutet so viel Qual, Leid, Mord, Herzlosigkeit...man könnte es endlos weiter beschreiben. Selbst einmal an so einem Ort zu sein, ist ein unbeschreibliches Gefühl, was uns oder mir zeigt, dass man glücklich sein sollte in einer anderen Zeit geboren zu sein und die Möglichkeit zu haben. eine solche Tat nicht wiederholen zu lassen. Am dritten Tag waren wir in Auschwitz-Birkenau (Auschwitz II), was uns vom ummauerten Eingangstor bzw. vom Einfahrtsturm aus die unvorstellbare Größe näher brachte. Dieser Ort sollte uns zeigen, dass es unendlich viel Platz für Qual und Leid gab. Wir sind an den Orten von Mördern, von Massenmördern. Uns wurden die drei verschiedenen Abschnitte des Vernichtungslagers gezeigt. Als erstes waren wir in einer der Männerbaracken, wo uns die authentisch nachgebauten Betten gezeigt wurden. Sich dann vorzustellen, wie allein sechs bis acht Menschen auf einer der drei Etagen geschlafen haben oder insgesamt 1000 Menschen gleichzeitig in solch einer Baracke zusammengepfercht waren, ist ein unheimliches Gefühl. Danach gingen wir zu den Gleisen. Ein Gleis führt durch das ganze Lager direkt zu den Gaskammern mit Anbindung an die  Krematorien. Der Weg durch die Schornsteine, so wurde immer wieder gesagt, sei der einzige Ausweg für die Häftlinge. Das Überleben in den Lagern war absolute Ausnahme und sehr unwahrscheinlich. Viele Beweise wie z.B die Krematorien wurden von der SS zwecks der Spurenvernichtung gesprengt. Jedoch hatte die Rote Armee am Tag der Befreiung (27.01.1945) genug Beweise, um die NS-Verbrecher zu überführen. Nachmittags wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt, ich war in der Ausstellung (Bildergalerie) von Marian Kolodziej. Die Ausstellung ist sehr berührend. Die Bilder drücken die Gefühle des „wahren“ Auschwitz aus. Sie sagen uns das, was Worte nicht können. Seine Bilder zeigen leid, Qual, Trauer. Besser gesagt, sie zeigen, wie schlimm Auschwitz war. Am Donnerstag (Tag 4) waren wir in Krakau. In Krakau hatten wir ein Zeitzeugengespräch und eine Führung durch das jüdische Viertel Krakaus. Zuerst hatten wir das sehr bewegende Zeitzeugengespräch mit Lidia Maksymowicz. Sie erzählte uns, wie sie das Lager als drei jähriges Kind mit Hilfe ihrer Mutter überleben konnte. Einer der emotionalen Höhepunkte (eher ein Tiefpunkt) war, als sie ihre tätowierte Häftlingsnummer zeigte. Diese Nummerierung unterstreicht noch einmal, dass den Menschen ihre Identität gestohlen wurde und aus einem Namen mit einer Geschichte eine „wertlose“ oder kurz zu verwertende Nummer wurde. Ich finde es gut, dass wir noch die Möglichkeit haben, mit Zeitzeugen zu sprechen. Danach wurden wir durch das jüdische Viertel Krakaus und einen Teil der Altstadt geführt. Wir haben uns einen alten jüdischen Friedhof aus dem frühen 15. Jahrhundert angeguckt. Anschließend sind wir in die Krakauer Altstadt gegangen. In der Altstadt haben wir mehrere alte Gebäude gesehen. Die Begehung der Krakauer Altstadt endete an der Jagiellonen-Universität. Danach durften wir in kleinen Gruppen unser freie Zeit genießen und alleine Krakau erkunden. Der Tag endete in einem tollen jüdischen Restaurant, in dem wir traditionelle jiddische Speisen essen konnten, dazu gab es Live-Musik. Alles in allem ein sehr gelungener Tag. Am Freitag (Tag 5) hieß es für uns Koffer packen. Nach dem Frühstück haben wir uns eine sehr informative Präsentation im Stammlager angehört. Danach hatten wir noch einmal die Möglichkeit, in kleineren Gruppen das Stammlager bzw. bestimmte Ausstellungen anzugucken. Dann ging es zurück ins Hotel, dort haben wir zu Mittag gegessen und noch einmal alles auf uns wirken lassen. Nach dem Essen haben wir uns versammelt und sind geschlossen zu einem bestimmten Ort gegangen, wo wir uns von Auschwitz "verabschiedet" haben. An diesem Ort - dem Ort des ersten Transportes vom 14.Juni 1940 - hat Leon eine berührende Rede gehalten. Jeder hatte Zeit, sich zu verabschieden und danach zum Hotel zu gehen. So hieß es dann für uns Koffer in den Bus und zurück nach Hause. In den Gedenkstätten und sehr vielen Gesprächen kam immer wieder zur Sprache dass wir für die Zukunft verantwortlich sind. Ich finde es wichtig, dies und viele andere Erinnerungen mit nach Hause zu nehmen. Ich finde diese Fahrt sehr wichtig und hoffe, dass auch Schülerinnen und Schüler nach mir die Möglichkeit bekommen, sich Gedenkstätten wie Buchenwald und Auschwitz anzuschauen. Die Fahrt in einer Gruppe erleichtert es einem, die Gefühle eines solchen Ortes zu teilen. Dies war meine zweite sehr informative und intensive Studienfahrt - die zweite Studienfahrt, auf die ich und wir sehr gut vorbereitet worden sind. Ich bin dankbar so viel gesehen und darüber gelernt zu haben.

 

Pia, 15 Jahre| Klasse 10.6

 

 

Die Rücksicht auf Auschwitz gebietet Vorsicht.

Die Frage nach Auschwitz bietet allein im Verantworten eine Antwort.

 

Vorab: Mein Rückblick auf die diesjährige Studienfahrt nach Polen bleibt eine notwendig persönliche Rücksicht. An den Anfang dieser Rückmeldung setze ich sehr bewusst eine tiefe empfundene Dankbarkeit; eine Dankbarkeit, die ich angesichts der Begleitung durch jeden Einzelnen der Schülerinnen und Schüler und angesichts der enorm professionellen Vorbereitung durch Christine Struve und Sebastian Skupnik empfinde.

Ich musste fast fünfzig Jahre alt werden, um mir zuzumuten, was Ingeborg Bachmann bereits vor vielen Jahren formulierte: „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.“ Im Wort Zumutung versteckt sich eben nicht das Wort Mut, sondern es zeigt sich das Wort Mut – und in der konkreten Begegnung mit Auschwitz kann man sich als Besucher ebenso wenig verstecken wie eine nicht zu leugnende Behauptung, dass dieser Ort mit einer Wahrheit konfrontiert und annähernd gewalttätig vom Menschen Zeugnis ablegt. Für mich bedeutete die Auseinandersetzung mit Auschwitz nie eine blasse oder akademisch diktierte und didaktisierte Begegnung mit schwarz-weißen Fotografie und der schier unfassbaren und numerisch nicht mehr zu überblickenden Zahlen und Daten.

Das Jahr meiner Geburt und das Jahr 1945 trennen gerade einmal 25 Jahre. Die Zeitzeugin, der wir als erinnertes Kind in Auschwitz-Birkenau im heutigen Krakau begegnet sind, ist im Alter meiner Eltern und nichts an dieser Reise bedeutete Distanz und eben nichts innerhalb dieser Reise bedeutete Distanzlosigkeit.

Ich glaube tatsächlich, dass die Rücksicht auf Auschwitz alleine Vorsicht gebietet. Und dieses Gebot verdankt sich weit mehr der Tagespresse bundesdeutscher Innenpolitik als den Ruinen der Krematorien und Gaskammern in Birkenau. Und ich glaube tatsächlich auch daran, dass die Frage nach Auschwitz alleine im Verantworten eine Antwort bietet.

Es gehört zur ureigenen Struktur von Verantwortung und Verantworten, dass der Begriff selbst auf den Anderen verweist, auf eine gestellte und nicht selten für einen Menschen ausformulierte und behauptete Frage. Wir sind nicht nur verantwortlich, wir sollen und müssen verantwortlich sein. Alle Ethik gründet im Dialog, zu dem uns ein anderer Mensch und auch die Schöpfung mit und um uns zwingt. Alle Ethik gründet im Angesprochensein. Das Ich steht im Akkusativ, es ist nicht Ich, es ist Mich. Moderne Ethiken wie die von Emmanuel Levinas, der als litauischer Jude seine gesamte Familie an Auschwitz-Birkenau verlor, haben dieses Moment zum moralischen Gebot erhoben. Antworte! Antworte auch denen, die keine Frage formulieren können, weil sie schutzlos sind, weil sie jung, alt oder krank sind; weil sie behindert scheinen, weil sie homosexuell lieben, weil sie anders darin sind, immer anders bleiben zu müssen.  Antworte Menschen so, dass du sie verantworten kannst! Antworte den Menschen, die im industriellen Massenmord noch nicht einmal mehr eine Stimme erinnerter Zeugnisse behaupten konnten. Wenn wir eine Antwort auf die Frage nach dem Warum finden, so suchen wir nach einem Grund für das nicht nur Mögliche, sondern Realisierte.

Ich ahne, dass all das sehr abstrakt, philosophisch kompliziert oder verkomplizierend klingt – ich weiß aber sehr deutlich, dass es das eben nicht ist. Abstrakt ist eine Zahl von sechs Millionen ermordeter Menschen; abstrakt ist die Ahnung, dass sich hinter hunderttausenden von Schuhen Menschen verbergen; anonym ist der namentliche Verweis auf Tausende von Koffern, der Männer Israel und Frauen Sarah nannte. Was nicht abstrakt ist, ist die konkrete Wahrnehmung, die Antwort, die alleine wir verantworten. Was tun wir, was tu ich? Was antworte ich einem Menschen, der mich anspricht, der mich als Mensch erfragt?

Levinas hat stets davon gesprochen, dass sich im anderen Menschen das Antlitz und mit ihm Gott vermittelt – jeder von uns ist ein Zeugnis, gibt ein Zeugnis – vor allem wir als Menschen, die sich Lehrer nennen und die eine solche Reise begleiten durften. Diese Zeugen als Zeitzeugen werden weniger. Diese Zeugen als Lebenszeitzeugen werden nicht weniger, weil jeder von uns ein Zeuge des eigenen Lebens ist; der eigenen Lebensgeschichte und damit auch der eigenen Antwort als Teil von Geschichte. Als Schüler reicht eine Frage an die eigene Großmutter; als Lehrer reicht eine Frage an einen Schüler; als Enkel eine Frage an die eigenen Eltern und als Mensch die Frage an einen Mitmenschen. Wir sind alle Zeitzeugen, wir sind alle Zeugen unserer Zeit. Eine Frage bleibt eine Option – eine Frage lässt Möglichkeiten und erfragt diese sogar. Eine Antwort dokumentiert eine Aktion; manchmal in aller entschiedenen, beschlossenen Erbarmungslosigkeit und in aller totalitären Bemühung um die logistische Bewältigung eines industriellen Massenmordes. Mit Rücksicht auf Auschwitz sind die Ausmaße solcher Aktionen annähernd unvorstellbar. Wir würden gerne eine Antwort schuldig bleiben; wir würden gerne erst gar keine Frage hören; wir würden gerne nicht hinschauen und wir würden gerne nicht nachfragen. Die Geschichte stellt aber weniger eine Frage als eine Antwort zu bieten.  Die systematische Bemühung um die „Endlösung“ und die Zielsetzung der Vernichtung der europäischen Juden ist eine historische Wahrheit, die uns zugemutet wird und die alleine von uns im Hier und Heute zu verantworten ist.

Das übergeordnete und kontinuierlich erarbeitete Konzept der Studienfahrten an der Heinrich-Böll-Gesamtschule bindet solche Antworten bewusst nicht nur an ein Fach wie Geschichte; bindet bewusst nicht nur die Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe ein, sondern öffnet sich denen, die sich in einer langen Vorbereitungszeit darauf einstimmen, mit ihrer Stimme selbst dem Zeugnis eigener Familien- und Lebensgeschichte zu begegnen. Selbst die Anbindung an mich als begleitender Lehrer spielte und spielt keine Rolle. Ich war zu keinem Zeitpunkt dieser sehr intensiven Fahrt damit konfrontiert, dass ich als Lehrer angesprochen wurde; dass ich als Lehrer sprechen, auftreten oder gar ermahnen musste.

Wenn der Titel meines Beitrages von Vorsicht und Verantworten spricht, dann ist das nicht an Schülerinnen und Schüler gerichtet, sondern an mich selbst. Diese Selbstverpflichtung nimmt mir weder eine Schule noch ein Studium noch ein Blick in den Spiegel. Ich bedanke mich bei jedem Einzelnen für dessen und deren Begleitung. Wir sind als Menschen zu alleine, wenn wir alleine bleiben. Einem Ort wie Auschwitz alleine zu begegnen, hätte mich überfordert. So blieb diese Reise in vielem sehr fordernd. Vielen Dank allen für die uns gebotene Begleitung.

 

Peter Gutsche, Lehrer an der HBG, (noch) 49 Jahre

Vorbereitungstag 1  |  Besuch des NS-Dokumentationszentrums Köln

 

Notwendigkeit zu Erinnerungskult(o)uren

 

 

Die Erinnerung ist das einzige Paradies,
aus dem wir nicht vertrieben werden können.
(Jean Paul)

 

 

Erinnerung ist längst nicht nur ein paradiesischer Ort. Das begreift jeder Mensch vor dem Hintergrund seiner eigenen Lebensgeschichte; das begreifen Menschen nur ungern vor dem Hintergrund der Geschichte selbst. Die Erinnerung ist oft weniger Paradies als Hölle, aus der wir nicht vertrieben werden können, und das, obwohl wir so gerne vor dieser Hölle weg laufen möchten. Erinnerung ist der Ort unserer Identität, Geschichte bietet diesen Ort, diese Orte. Es ist also immer auch notwendig, sich dieser Kultur und diesen Kult(o)uren zu stellen.

 

Jedes Vergessen leugnet Identität.
Ob historisch, ob national, ob biographisch.
Erinnerung alleine gewährleistet Identität.

 

Die Notwendigkeit zur Erinnerung im Rückblick auf das 20. Jahrhundert schafft zwangsläufig eine große Not – die Not nämlich, sich dieser Not, dieser Notwendigkeit zur Erinnerung zu stellen. Die zurückliegenden 13 Jahre sind dieser Notwendigkeit kontinuierlich begegnet. Die zurückliegenden 13 Jahre an der HBG haben den Begriff der 'Erinnerungskultur' mittlerweile vielen Schülerinnen und Schülern als einen Begriff eigener Lebensgeschichte nahe gebracht. Manchmal ist es ein solches archäologisches Interesse, das Orten wie dem KZ-Buchenwald manches Bruchstück menschlicher Erinnerung zurückgibt. So erging es Lea, einer Schülerin der letzten Jahre, die in Vorbereitung zur Fahrt nach Auschwitz im KZ-Buchenwald einen Stein ausgrub, der zur eingeritzten Erinnerung an den Tod von Menschen mahnt.

Der zurückliegende 11. Dezember bot Not und Notwendigkeit und eröffnete Erinnerung und die Kultur von Erinnern. Die Schülerinnen und Schüler besuchten – traditionell und deshalb keineswegs verblasst vorbereitet durch Frau Struve und Herrn Skupnik – Köln und damit einen Ort, der nicht allein zur Geschichte des Domes in dieser Stadt führt, sondern die Geschichte in unmittelbarer Nähe zum Dom eröffnete. Wir besuchten das EL-DE-Haus in Köln, wenige hundert Meter vom Dom entfernt.

Erst 35 Jahre nach 1945 erinnerte sich die Stadt Köln an ihre eigene Geschichte in der Zeit von 1933 bis 1945. Die vorangegangenen 35 Jahre ließen die Kölner sich im EL-DE-Haus ihre Dokumente stempeln, besiegelten ihre Ehe, trugen die Geburt ihrer Kinder genau innerhalb der vielen Büros dieses Verwaltungshauses ein, das auf dem Fundament innerstädtischer Diktatur und Tyrannei durch die Gestapo aufbaute. Die Gestapo bezog das stolze Haus kurz vor dessen Fertigstellung, so ließen sich noch im Rohbau viele Büros einbauen; so vor allem erschloss die Gestapo das Kellergewölbe, das ursprünglich als Tiefgarage dienen sollte. Statt einer Tiefgarage entstanden Gefängniszellen; statt der Ein- und Zufahrten entstand der zugemauerte Gang in die Entrechtung und in über 400 Fälle dokumentierter Hinrichtungen im Innenhof.
Zwangsarbeiter ebenso wie politische Gefangene, Männer und Frauen, Dissidenten und mitunter Jugendliche fanden hier einen beklemmenden und beengenden Platz, wo es ursprünglich nur wenige Gefängniszellen für wenige Menschen geben sollte.

Die Schülerinnen und Schüler von den Jahrgangsstufen 10 bis zur QII fanden am 11. Dezember nicht nur in jenen Keller, sondern wurden erst einmal durch Frau Kirschbaum, einer Mitarbeiterin des NS-Dokumentationszentrums, begrüßt.

In der Wechselausstellung waren Fotos und Biographien ehemaliger KZ-Häftlinge ausgebreitet – fotografiert zumeist im hohen Alter und kaum erkennbar als junge, sehr junge Gefangene und Kinder in und von Auschwitz.

Kinder und Kindheiten waren in Auschwitz nicht vorgesehen, fanden nicht statt, oder mündeten maschinell und automatisiert in der totalen Entwürdigung als Menschenkind und im Tod. Die Fotos und Dokumente, die wir betrachteten, erzählten von ehemaligen Kindern, die Auschwitz als Kind überlebt hatten. Behutsam bat Frau Kirschbaum darum, einen Bezug zwischen Foto und Lebensgeschichte innerhalb der Ausstellung herzustellen; kindliche Biographien konkret zu erinnern und damit anzuerkennen. Manchen Kindern blieb bis ins hohe Alter nur erzählte Erinnerungen. Nicht wenige von ihnen wussten Zeit ihres Lebens nicht, in welcher Familie sie ihre Identität vorfanden. Kolja, ein so durch Lagerinsassen und seine polnischen Retter-Eltern genannter Junge, strahlt einen als Besucher an – geschützt durch einen übergroßen Regenschirm. Kolja, ein kleiner Junge, der selbst nach der Befreiung von Auschwitz-Birkenau nicht glauben konnte, dass Menschen eines natürlichen Todes sterben können. Ewa, eine sehr attraktive junge Frau, bat noch zu Zeiten der Sowjetunion darum, ihre leiblichen Eltern oder ihre Familie ausfindig zu machen. Dem Aufruf in der Zeitung folgten zwölf Eltern, die in ihre Tochter zu sehen glaubten. Ewa wusste bis zu ihrem Lebensende nicht, wer ihre Eltern waren. Sie starb mit der Frage an die eigene Existenz: Wer bin ich und woher komme ich?

Im Anschluss an die Ausstellung zu den Kindern in Auschwitz lud Frau Kirschbaum in den Keller, dort bewies sich, dass unsere Schüler sich in weit mehr als einer Sprache auskennen. Georg las die eingeritzten kyrillischen Schriftzeichen und konnte uns die eingekerbten Spuren menschlicher Not übersetzen.

Die Fahrt in das EL-DE-Haus und damit in das NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln gehört zu den Vorbereitungsfahrten der langen Tradition verlebendigter Studienfahrten der HBG (www.studienfahrtenboell.de). Im Februar 2020 suchen die Schülerinnen und Schüler dann Auschwitz-Birkenau auf, reisen dorthin, wohin uns in Köln so viele bedrückende und beeindruckende Erinnerungen führten.

Ganz ausdrücklich möchte ich mich bei allen teilnehmenden Schülerinnen und Schülern bedanken. Sie und ihr wart eine ebenfalls beeindruckende Gruppe, deren Offenheit und Einlassung nicht zuletzt durch Frau Kirschbaum ausdrücklich angesprochen worden ist. An Marc Worgul geht der Dank von Herrn Skupnik, Frau Struve und mir, Herrn Gutsche, weil wir seinem fotografierenden Auge verdanken, dass viele Erinnerungen eben nicht geschichtlich verblassen.

 

Peter Gutsche

 

Vorbereitungstag 2  |  Präsentationen & Referate

 

Vom Fassen des Unfassbaren

 

 

 

„Ein Recht gestehe ich keinem zu: das auf Gleichgültigkeit.“

(Elie Wiesel)

 

 

 

Am 21. Januar 2020 trafen sich die diesjährigen Teilnehmer der Studienfahrt nach Auschwitz. Das zweite, sehr konzentrierte Vorbereitungstreffen derjenigen Schülerinnen und Schüler, die den Versuch wagen, das Unfassbare eines Ortes wie Auschwitz erfassen zu wollen.

 

Elie Wiesel, Überlebender von Auschwitz und Friedensnobelpreisträger, sprach sein Leben lang von der Entrechtung und der Entwürdigung der Menschen zur Zeit der nationalsozialistischen Terrorherrschaft. Er verteidigte sein Leben lang vor allem ein Recht, das für ihn Recht und Pflicht in einem war: Das Recht und die Pflicht zur Erinnerung.

 

 Hannah Arendt, politische Philosophin und Zeugin des Prozesses gegen Adolph Eichmann in Jerusalem, bündelte ihre politische Philosophie in der Behauptung eines Rechts auf Widerstand, dem eben kein oft allzu deutsches Recht auf Gehorsam unterzuordnen sei. Der Mensch habe, so Hannah Arendt, eben kein Recht auf Gehorsam.

                                                                                                                                         

 Das zweite Vorbereitungstreffen zur diesjährigen Auschwitzfahrt an der Heinrich-Böll-Gesamtschule machte deutlich, wie anspruchsvoll und wie schwierig es ist, sich aus der Perspektive des Hier und Heute im Rückblick auf nicht einmal achtzig Jahre einem Ort wie Auschwitz zu stellen. Am 20. Januar 1942, also fast auf den Tag genau vor 78 Jahren, trafen sich diejenigen bei Berlin, die in der sogenannten Wannsee-Konferenz den systematischen Massenmord an den europäischen Juden verwalteten und technisch-industriell möglich werden ließen.

 

Auch und vor allem diese Konferenz wurde durch die Schülerinnen und Schüler immer wieder angesprochen. Alle Teilnehmer der Fahrt hatten Handouts vorbereitet, thematische Vorträge ausgearbeitet, um ihren Ansatz zur Erinnerungskultur vorzustellen. Alle Ansätze wurden in Form von Powerpoint-Vorträgen visualisiert und greifbarer. Alle Teilnehmer stellten sich der Aufgabe, das Unfassbare fassbar zu machen. Diese Vorbereitungen gehören maßgeblich zur Konzeption der Studienfahrten und bieten immer wieder rückblickende und vorausschauende Einordnungen hinsichtlich einer Erinnerungskultur an der HBG (www.studienfahrtenboell.de). 

 

Samira und Lennert sprachen allgemein über Konzentrationslager. Laura und Marie stellten mit Himmler, Heydrich und Höß drei erschreckend wichtige Protagonisten der Shoa vor. Mandy und Julina erläuterten die systematische Entmenschlichung der Euthanasie im Dritten Reich. Selma und Philippe ordneten die sogenannte Endlösung der Judenfrage ideologisch übergeordneten Geisteshaltungen zu. Emelie und Chiara erfassten die Größenverhältnisse, die sich übergeordnet im Namen Auschwitz zeigen. Julia und Celina erinnerten u.a. mit Video-Filmen an die Erinnerung derjenigen, die Josef Mengele, dem sogenannten „Todesengel“ von Auschwitz begegnet sind und die dessen menschenverachtende Forschung an Zwillingen und Frauen überlebten.

 

Eric und Eron vermittelten durch die Vorstellung von Monowitz, wie weit verzweigt und industriell angebunden ein KZ wie Auschwitz aufgebaut war. Dass in all dieser systematischen Entmenschlichung und Entwürdigung das Verteidigen der eigenen Würde und Erinnerung wichtig blieb, bewiesen Marla und Georg, die sich mit dem Phänomen Kunst in Auschwitz auseinander setzten.

Vier weitere Themen blieben vorerst offen. Anna und Mona werden noch zur Stellung der Musik in Auschwitz berichten. Daniele und Timo porträtieren die immer wieder weniger werdenden Zeitzeugen, und mit Marc und Aris folgen wir in die juristische Aufarbeitung. Wie ist die bundesrepublikanische Rechtsprechung, wie sind Gerichte und Richter mit Auschwitz umgegangen? Gleichgültig kann all das nicht werden und gleichgültig kann und darf es nicht sein. So bleibt der abschließende Beitrag von Leon und Pia eine Verpflichtung zu nennen, dem es um Rechtsradikalismus und eine Gedenkstättenkultur heute gehen wird.

 

 Herr Skupnik, der einmal mehr die diesjährige Fahrt gemeinsam mit Frau Struve plant, konnte am Vorbereitungstag nicht nur alle Teilnehmer noch einmal persönlich einander vorstellen, sondern das Team der begleitenden Lehrkräfte und Erwachsenen. Mit Herrn Gutsche als Kollegen vor Ort und Frau Köllner als ehemaliger Mutter einer Schülerin an der HBG und  engagierten Aktivistin hinsichtlich einer bis heute notwendigen Erinnerungskultur begleiten sich Menschen, die in dieser Studienfahrt der HBG nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht verstehen.

 

 Der Schulleiter, Herr Reichstein, erinnerte am Ende des sehr intensiven Nachmittages (der längst ein Abend geworden war) daran, dass diejenigen Schülerinnen und Schüler, die gemeinsam den Weg nach Auschwitz wagen, zu Multiplikatoren werden. Ihre Stimme wird nicht nur innerhalb der Schule, sondern außerhalb der Schule eine wichtige Stimme gelebter Erinnerungen bleiben.

 Abschließend möchte ich mich als Lehrer an der HBG für die geteilte Herausforderung einer solchen Reise bedanken, und ich möchte mich bei Mandy Hill bedanken, deren Fotos zu zukünftigen Erinnerungen werden.

 

Peter Gutsche 

 

 

 

 

Vorbereitungstag 3  |  Befreiung von Auschwitz vor 75 Jahren

Das dritte Vorbereitungstreffen zur Studienfahrt nach Auschwitz -  am 27.01.2020 mit Rücksicht auf (gerade einmal) 75 Jahre

 

„Würde man eine Schweigeminute für jedes Opfer des Holocaust halten, wäre es 11 Jahre still.“

 

Elf Jahre Stille, um unstillbare Lautstärke von zwölf totalitären Jahren nicht einmal annähernd zu Gehör zu bringen. Ich bin alles andere als ein Zahlenmensch. Die Zahlen der Shoa bestätigen das Erstarren vor solchen kaum vorstellbaren Abstraktionen und Größenordnungen. Eine solch lautstarke Stille täte aber gerade gegenwärtig gut, sie täte Not.

 

Als ich nach dem sehr intensiven, dritten Vorbereitungstreffen heute nach Hause fuhr, las ich das vorangestellte Zitat in sozialen Netzwerken. Ich las von elf Jahren Schweigen, noch bevor ich live im Fernseher verfolgte, wie die Menschen vor Ort auf dem Gelände des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau an ihre Befreiung vor 75 Jahren erinnern.

 

Der heutige dritte Vorbereitungstag war alles andere als still. Er war auch nicht laut, in vielem aber trotzdem bedrohlich lautstark. Mancher Ton, mancher Tonfall und manche Wortwahl heutzutage erinnern weniger an eine 75jährige Rückschau, sondern an die Lektüre der Tagespresse. Mitunter lesen wir das gleiche Vokabular, die gleichen Begriffe, die gleiche diffuse Geschichtsvergessenheit nationaler Bedeutsamkeit, die vor gerade einmal hundert Jahren vielleicht auch anfangs eher belächelt wurden.

 

Am 27. Januar 2020 kamen hinsichtlich der diesjährigen Studienfahrt nach Auschwitz genau die zusammen, die auf  den Tag genau mit Rücksicht auf 75 Jahre Auschwitz miteinander planen. Neben Herrn Skupnik und Frau Köllner, neben allen teilnehmenden Schülerinnen und Schülern der diesjährigen Fahrt, begrüßten wir  heute Beate Gawrych, Mitarbeiterin des IBB (Internationales Bildungs- und Begegnungwerk). Beate Gawrych wird uns alle als Gemeinschaft von Anfang an während der gesamten Reise nach Polen begleiten.

 

Als es heute darum ging, dass wir uns besser kennenlernen, auch darin, mit welchen Hoffnungen und mit welchen Ängsten wir uns nicht zuletzt unserer Geschichte stellen, sprach Frau Gawrych eine Angst als Feststellung fast beiläufig aus:

 

„Eine Angst muss ich ansprechen. Die Nazis waren nie richtig weg!“

 

Wenn das stimmt, und vieles in den zwanziger Jahren unserer aktuellen Zeit erinnert daran, dann ist eine solche gut vorbereitete und noch besser vorbereitende Fahrt gemeinsam mit Schülern zu einem Ort wie Auschwitz wichtiger denn je. Denn Angst ist immer dann sehr mächtig, wenn sie nicht weiß, wovor und warum sie Angst hat. Angst ist ungerichtet, deshalb auch so gemein und ein schlechter Ratgeber für das Ausrichten des eigenen Lebens oder der eigenen Politik im Kleinen wie im Großen. Wenn Angst konkret wird, hört sie auf Angst zu sein. Angst wird dann zur Furcht. Furcht aber weiß um ihren eigenen und damit eigentlichen Grund.

 

So gesehen macht ein Vorbereitungstreffen wie heute am 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz nicht nur Angst, sondern bietet die konkrete Furcht, sich dieser Wahrheit zu stellen, sich mit ihr als nicht nur historischer Wahrheit auseinanderzusetzen. Die Nazis waren vielleicht wirklich nie richtig weg; die Menschen unserer eigenen Lebensgeschichte werden hoffentlich auch nie wirklich weg sein. Wir erinnern sie, der Schüler hier seine Oma, die Schülerin dort ihre Mutter, ich meine Geschwister und ein Lehrer seine Schüler von vorgestern. Angst ist nie ein guter Ratgeber. Furcht dagegen kann lehrreich sein, weil „Furcht das erreicht, vor dem die Vernunft oft versagt: Handlung“. Für den jüdischen Philosophen Hans Jonas galt dieser Reflex gerade vor dem Hintergrund von Auschwitz, um ihn zum vielleicht wichtigsten Verantwortungsethiker des 20. Jahrhunderts werden zu lassen.

 

Meistens haben Menschen Angst vor dem, was sie nicht kennen. Was also lässt sich tun, als Mensch, als Mitschüler, als Freund, als Lehrer oder gar als Politiker? Angst verlangt Wissen. Angst verhindert oft genug Aufklärung, verdunkelt ganz bewusst manche Wahrheit. Dass Beate Gawrych heute nicht nur nach Auschwitz einlud, sondern in die polnische Sprache, in die polnische Alltagskultur vor Ort, in den Ort Oświęcim um das deutsche KZ herum, das hat allen heute viele Ängste genommen.

 

Im Namen aller, die diese Reise miteinander planen, der Lehrerinnen und Lehrer, der Schülerinnen und Schüler gilt ein großer Dank dieser Begleitung durch den IBB.  

 

Ganz konkret gilt dieser Dank Beate Gawrych als unserer Begleitung und Mandy Hill als all das dokumentierende Fotografin.

 

Dziękuję bardzo! Dziękujemy za wsparcie i wsparcie!

 

 

Peter Gutsche im Namen der diesjährigen Teilnehmer der Studienfahrt an der HBG